Jesus spricht:

„Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.“

Johannes 14,15

 

Das Huhn oder das Ei? Was war zuerst da? Das ist die uralte Frage nach dem Anfang. Und es gibt sie in unendlichen Variationen: Tag oder Nacht? Das Geschenk oder die Liebe? Gottes Liebe oder meine Taten? Bei der letzten Frage ist die Antwort für viele Menschen klar: Damit Gott mich lieb haben kann, muss ich doch zuerst etwas Gutes tun, muss ich gut sein. Sonst kann Gott mich doch unmöglich lieben!

 

Schon Martin Luther hat sich mit dieser Frage abgequält, als er verzweifelt überlegte: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Luther dachte, dass er etwas für Gott tun müsse, damit Gott ihn liebt, damit er ihm gnädig ist. Er fastete und betete, er ging sogar ins Kloster und dennoch kam sein Gewissen nicht zur Ruhe: Gott ist doch so heilig, so unfassbar groß – wie kann er mich sündigen Menschen lieb haben?

 

Ja, wir Menschen sind Sünder. Wenn wir ehrlich sind, schaffen wir es aus eigener Kraft einfach nicht, wirklich in allen Dingen nach Gottes Geboten zu leben: Da ist die Lästerei über einen anderen Menschen, da ist die Lüge, um sich einen Vorteil zu verschaffen und noch so viele andere Dinge.

 

Aber – und das ist ein ganz großes ABER: Gott liebt uns, ja er hat uns zuerst geliebt. Jesus sagt uns in der Bibel, dass wir den allmächtigen Gott Abba, also Papa nennen

dürfen. Und in Römer 5, 8 heißt es: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“

 

Gott hat uns, hat mich, hat Sie zuerst geliebt.

So wie Eltern ihre Kinder lieben, ohne Bedingung. Auch wenn Kinder unartig sind, wenn sie eine Vase hinunterschmeißen oder Ärger in der Schule bekommen. Elternliebe ist bedingungslos.

 

Kleine Kinder nehmen diese Liebe einfach an. Sie denken nicht darüber nach: Was muss ich tun, damit meine Mama oder mein Papa mich lieb hat? Und so wie ein Kind dürfen wir die Liebe Gottes, unseres Papas, annehmen. Die Liebe, die sich darin zeigt, dass Jesus für unsere Sünden am Kreuz bezahlt hat. Wir müssen uns die Gnade Gottes nicht erarbeiten, sie wird uns geschenkt, wenn wir daran glauben. Das

war Luthers Erkenntnis, die ihn von seinen Seelenqualen befreite. Und das feiern wir, wenn wir den Reformationstag am 31.10. begehen.

Aber in dem Bibelwort oben steht ja auch etwas vom Halten der Gebote: „Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.“ Also brauche ich doch gute Taten, damit Gott mich lieb hat?

 

Wenn der Geburtstag der Mutter näher rückt, dann wissen die meisten Kinder: Mama freut sich, wenn ich ihr einen Blumenstrauß schenke. Und jedes Kind weiß, wenn Mama sagt, dass ich an der Straße an ihrer Hand gehen soll und nicht einfach über die Straße renne, dann ist das ein Gebot, das man befolgen sollte. Später weiß man: Das Gebot war notwendig, um mein Leben zu schützen. Als Kind weiß man nur: Mama freut sich, wenn ich „artig“

bin und, um ihr eine Freude zu machen, handle ich so, wie sie es will. Ähnlich ist es ja bei jüngeren Schülern. Kinder bis etwa zur 5. Klasse lernen nicht unbedingt, weil sie es wollen, sondern weil sie Mama oder der Lehrerin eine Freude machen wollen. Aber wenn das Kind den Blumenstrauß vergisst, ober mal nicht gelernt hat, heißt das ja nicht, das die Mutter das Kind nicht mehr lieb hat.

 

Und so ist es auch bei uns. Jesus sagt: Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Er sagt nicht: „Ihr müsst!“ oder „Ihr sollt!“, sondern „Ihr werdet!“ Es ist eine Feststellung, eine Verheißung. Wenn wir ihn lieben, dann wollen wir auch tun, was er will. Wir halten seine Gebote, nicht weil wir müssen, sondern weil das ein Weg ist, ihm Freude zu machen.

 

Bei Henne oder Ei ist die Frage nicht zu lösen, bei der Frage „Gottes Liebe oder mein Tun?“ dagegen ist die Antwort einfach.

Cornelia Flach